31.7. Eisenstadt 01.08. Eisenstadt 02.08. Eisenstadt – Neusiedl 03.08. Neusiedl – Weppersdorf 04.08. Weppersdorf – Großwarasdorf 05.08. Großwarasdorf – Oberwart- 06.08. Oberwart – St. Kathrein 07.08. St. Kathrein – Graz
Was ich aus der Etappe (wieder) gelernt habe
Beim Fahrrad fahren sollte man weder bei Regen noch bei Sonne stehen bleiben. Entweder die Hände frieren einem nach Sekunden ab oder man verbrutzelt in der stehenden Hitze ohne den Fahrtwind… nur um dann Sonnencreme mit Schweiß zu verschmieren, was sich wirklich auch nicht optimal anfühlt…
Achterbahnfahrten der Gefühle sind (zumindest bei mir) auf solchen Reisen normal. Aber ich habe verstanden, dass Frustration und Erschöpfung natürlich sind. Es geht für mich um den Umgang mit diesen Belastungen, sodass diese nicht zur Resignation führen.
Podcasts hören während man fährt, kann sehr bereichernd sein! Ich kann nur empfehlen: Klimazentrale von SWR2 und das philosophische Radio (wobei letzteres auch ganz viele andere Themen anspricht und man sich raussuchen muss was einen interessiert).
Ein Gedankenanstoß, der mir während des Fahrens bezüglich unserer Verantwortung gekommen ist: Ich glaube nicht, dass jeder zur Freiheit verurteilt ist und damit auch Verantwortung für all seine Handlungen hat. Was mir viel wichtiger erscheint ist, ob man überhaupt in der Lage ist zu reflektieren und zu seinen eigenen Handlungen Stellung zu beziehen. Diese Fähigkeit besitzt, sein eigenes Verhaltensmuster zu erkennen ist der erste Schritt zur Änderung und damit auch zur Umsetzung von Verantwortungsübernahme. Es kann auch die Erkenntnis sein, dass man wiederum anderen helfen kann ihr eigens Verhalten zu reflektieren. Mein Vater hat mir immer den schönen Satz gesagt: Erkenntnis verpflichtet. Ich glaube Erkenntnis verpflichtet zur Handlungsumsetzung, wenn wir uns vor unserer Selbstreflexion nicht drücken.
Auf dem Rad durchs Burgenland

So viel zu meinen philosophischen Gedanken auf dem Rad. Hier jetzt noch eine Zusammenfassung für Leute, die die Etappen mehr interessieren:
Warum mir so viele Burgenländer gesagt haben, dass das Burgenland nicht ganz flach ist, habe ich dann auch relativ bald am eigenen Leib gemerkt. Passend zu den Aufs und Abs der Landschaft waren die Höhen und Tiefen meiner Stimmung. Los ging es in der pannonischen Tafel, wo wir Flyer, Snacks und Getränke vorbereiteten. Je näher wir an den 18 Uhr Start kamen, desto größer wurde meine Anspannung. Würde jemand kommen? Wir hatten uns wirklich viel Mühe gemacht, das Ganze zu organisieren eine Grafik zu erstellen usw. Aber im Nordburgenland gab es noch keine aktive XR Gruppe und so haben vermutlich fehlende persönliche Kontakte und der strahlende Sonnenschein am frühen Freitagabend dafür gesorgt, dass niemand der Interessierten erschien.
In den ersten Minuten war die Enttäuschung dann doch recht groß. Ich glaube, so viele Personen würden sich mitreißen lassen, aber dafür braucht man ein Minimum an Personen. Hinzu kam, dass ich noch keinen Schlafplatz hatte und gehofft hatte bei dem Vortrag würde mir jemand weiterhelfen. Also ging ich einfach los um bei Hausbesitzern zu fragen, ob ich im Garten schlafen könnte. Gleich mit der ersten Person führte ich so ein nettes Gespräch, dass die Motivation und der Optimismus direkt zurückkehrten.
Persönliche Gespräche sind einfach unersetzbar. Mit dieser Erkenntnis beschloss ich noch am selben Abend Leute in der Stadt anzusprechen, ob sie nicht beim morgigen Rebel Ride mitfahren wollten. Das tat ich dann auch sowohl am Abend als auch am darauffolgenden Tag bis zum Nachmittag.
Jedes Ansprechen kostete mich viel Überwindung und teilweise lief ich dann doch auch wieder einfach an den Leuten vorbei, weil ich das Gefühl hatte den Moment verpasst zu haben etwas zu sagen. Jedes einzelne Ansprechen kostete mich viel Überwindung, aber die meisten Leute reagierten positiv, wünschten mir Glück oder sagten dass sie selbst kommen könnten.
Umso größer war dann wieder die Anspannung und darauffolgende Enttäuschung, als wir beim Treffpunkt dann doch nur zu sechst waren. Die Polizei hingegen war mit vier Autos, einem Motorrad und ca. 20 Polizist*innen angerückt. An dieser Stelle wäre ich wirklich am liebsten im Boden versunken, habe aber ein sehr schönes Gespräch mit dem Einsatzleiter der Polizisten gehabt. Wieder alles umsonst: der Streckenentwurf, die Bewerbung, die ganzen Telefonate mit der Landespolizeidirektion und dem Magistrat wegen Komplikationen, usw.
Nach solchen Momenten versteht man die Frustration und die Resignation von so vielen Menschen, die einst aktiv waren (gerade wenn man sich vorstellt wie lange diese teilweise für Dinge gekämpft haben). Man stellt alles in Frage, insbesondere warum man das gerade eigentlich tut. Ich sehne mich nach vertrauten Menschen, nach einer vertrauten Umgebung, nach einer Umarmung und nach Unterstützung.
Meine Strecken hier im Burgenland sind noch kurz, aber ich bin mir unsicher, was ich mit der restlichen Zeit anfangen soll. Ich fühle mich orientierungslos und verloren. Gleichzeitig, denke ich dass ich schon wieder so viel machen müsste. Leute in Graz mobilisieren, anfangen meine Interviews für den Podcast aufzunehmen usw. Aber dann denke ich nochmals über den Punkt der Unterstützung nach, merke wie viele Personen eigentlich hinter mir stehen und das Ganze unterstützen und wie viele liebe Begegnungen ich auch jetzt schon hatte (wie eine Übernachtung bei Elisabeth Nussbaumer, der Gründerin für Nachhaltigkeit im Burgenland).

Und so kommen während ich weiterfahre auch immer mehr positive Erlebnisse dazu. In Deutsch Schützen habe ich zwei Gespräche mit Landwirten ausgemacht, doch den einen Hof finde ich erst nach einer halben Ewigkeit, um dann von der Tochter zu erfahren, dass ihr Vater gar nicht da ist (er hatte sich den Termin einen Tag später eingetragen). Vollkommen erschöpft und ausgehungert mache ich mich auf die Suche nach einem Buschenschank. Verfahre mich (was heißt, das ganze kraftlose Hügel hinauffahren war umsonst), lande sogar kurzzeitig auf der ungarischen Seite und fahre die kraftlos erkämpften Höhenmeter alle wieder hinunter. Schließlich bin ich bei einem Buschenschank…und er hat geschlossen. Ich hab absolut nichts zu essen und einen Supermarkt gibt es in dieser Gegend auch überhaupt nicht. Also lasse ich mich einfach erschöpft auf der Terrasse nieder. Dann kommt eine Seniorengruppe, fragen was ich hier mache und sind begeistert von meiner Reise und warum ich das mache, geben mir ihr restliches Essen, was drei Bananen, zwei Äpfel und ein verdammt gutes Nusskipferl ist. Sie wollen mich sogar zum Essen einladen, aber ich muss leider los zum Gespräch mit dem zweiten Landwirt. Ich bin ihnen so dankbar und ich möchte mich so gerne nochmals bei ihnen melden, aber das war wohl eine der vielen Begegnungen die nur einen kurzen Moment andauern. Als ich auf dem Weg zum Landwirt in das Kipferl beiße gibt es einfach nichts besseres. Es ist unbeschreiblich wie dankbar man für Essen sein kann (genauso wie ich im Moment wieder jede Dusche ganz anders wertschätze).
Ich könnte noch so lange und so viel weiterschreiben, über die beunruhigenden Gespräche mit den Landwirten, über das wunderbare XR Café mit Pressebesuch in Oberwart, über zwei Strecken auf denen ich begleitet wurde, usw. Aber ich denke, ich belasse es an dieser Stell mal und die wichtigsten Erkenntnisse habe ich ja bereits oben versucht zusammenzufassen.
(Kleine Nebeninfo: Dieser Blog ist auf einer Pizzaschachtel entstanden, weil ein Papier nicht aufzufinden war und ich mit einer Tastatur einfach nicht in den selben Schreibfluss komme.)
7.8. Die längere Strecke von St. Kathrein nach Graz werde ich zu Beginn von Michel begleitet, der nächstes Jahr eine Tour mit seinem E-Velo durch Europa reisen möchte. Es macht Spaß mit ihm durch die Gegend zu fahren. Sein Gefährt ist auch so groß (hinten drin kann jemand mitfahren), dass die Autos meist gar nicht versuchen zu überholen. Kennen gelernt habe ich ihn bei dem schönen XR Café in Oberwart. Er kriegt aber immer wieder Probleme mit der Batterie und wir versuchen 3 mal bei einer ganz lieben alten Dame auf einem Hof das Ding wieder zum Laufen zu bringen, aber letztlich fahre ich dann wieder alleine weiter. Auf der Strecke nach Graz komme ich mit vielen Leuten ins Gespräch, die mich fragen, was ich da tue und noch mehr Leute winken mir im vorbeifahren einfach zu, während ich grinsend zurückwinke. Das ist wirklich richtig schön am Radeln, diese persönliche Verbindung zu sich und seiner Umgebung. Fürstenfeld und Gleisdorf bleiben mir als zwei liebliche und malerische Orte in Erinnerung. Den Vortrag am Abend in Graz halten wir spontan draußen mit Beamer und es ist erstaunlich zu sehen, wie andere Menschen man damit erreicht.

Lasst euch nicht unterkriegen! Ich tue es auch nicht!
Bis zum nächsten Blogartikel!
Love and courage!
Aliena