Der Blick auf das grosse Ganze

von Sep 8, 2020Rebel Tour 2020

Vorarlberg, Tirol, Salzburg
01.09. Gaschurn nach Landeck

Meine Parallele zwischen dem Radfahren und Aktivismus ist wohl, dass ich in steilen Hängen einfach nur stur direkt vor mich starre, ohne den Blick zu heben, weil ich weiß, dass mich die Aussicht auf weitere Steigung demotivieren würde. Zumindest würde ich ständig darüber nachdenken, ob es nicht doch flacher wird hinter der nächsten Kurve. Wenn es dann doch nicht flacher wird (welch Überraschung am Berg), werden die Beine direkt schwer. Ich glaube manchmal überfordert uns der Blick auf das große Ganze. Auf den riesigen Berg an Problemen, die es scheinbar zu bewältigen gibt und dann erstarren wir (oder steigen ab vom Rad). Aber es ist unglaublich, was man schafft, wenn man einfach weiterfährt – den Blick gesenkt und sich immer nur auf den nächsten Meter vor einem konzentriert. Natürlich sollte man trotzdem manchmal eine Pause einlegen, sehen wo man steht und sich gegebenenfalls neu orientieren. 

Immer noch etwas erschöpft vom krank sein konzentriere ich mich auf jeden Fall nur auf vorwärts und fahre mit Pascal die Silvrettagruppe hoch. Erst als wir oben ankommen und uns im Gasthof bei dem Zeinissee eine Suppe gönnen merke ich wie kalt und nass es eigentlich war. Ich bin so dankbar drinnen im Warmen zu sein, weil Pausen im Kalten einfach nicht erholsam sind. Trotz Erschöpfung wird man weitergetrieben, weil frieren auch keine angenehme Regeneration ist. Als wir vom See losfahren ist eine fantastische Stimmung vom Licht und ich fühle mich ein bisschen wie in einer wilden Filmlandschaft.

02.09. Landeck nach Innsbruck

Am Morgen in einen wild fließenden Bach zu springen an einem wunderschönen Ort, der so unberührt scheint und wo die Natur prächtig ist – das ist wahrlich belebend. Wobei es mit der Belebung dann zurück auf dem Rad auch schnell wieder vorbei ist. Die Oberschenkel sind müde und der Geist auch. Ich kriege wenig mit im Moment von der Welt und ich sehne mich ein bisschen danach etwas geordneter Sachen am Laptop recherchieren zu können. Auf den Stop in Innsbruck habe ich allerdings schon wieder so viele Aufgaben geschoben, dass sich das niemals ausgeht.

03.09. Innsbruck nach Ellmau

Verzweifelt suche ich den ganzen Vormittag meinen Schlüssel und verfluche, dass ich so ein Chaot bin, wenn viel in meinem Kopf herumwirbelt (3 Tage später soll sich herausstellen, der Schlüssel ist in einer Waschmaschine in Vorarlberg aufgetaucht, weil ich mir eine Jacke geliehen hatte). Ich suche zu dem Zeitpunkt aber total entnervt und gestresst, weil ich eigentlich wirklich andere Sachen erledigen wollte und schon längst losfahren hätte wollen. Letztlich fahre ich dann los ohne zu wissen wo der Schlüssel steckt und leicht hoffnungslos, weil ich wirklich alles durchsucht habe. Während ich wieder auf dem Rad sitze stelle ich mir wie so oft die Frage, was ich hier eigentlich mache und ob das irgendetwas bringt. Zweifel an der Wirksamkeit treiben mich zusammen mit der Notwendigkeit einer Veränderung immer wieder in einen innerlichen Zwiespalt. Aber jedes Mal, wenn ich Nachrichten über die diesjährigen Brände (auch wenn es sich bei uns diesen verregneten Sommer leicht wegschieben lässt), die unumkehrbare Eisschmelze in der Arktis und anderen Ereignissen wie Hurrikans, Überschwemmungen oder ökologischen Gefährdungen wie Bränden auf Öltankern erfahre, dann weiß ich, dass ich es weiter versuchen muss. 

Außerdem bin ich froh, dass ich immer noch in Begleitung bin, weil wenn ich teilweise in Gedankenstrudel abdrifte mir mein Mitfahrer eine unglaublich angenehme und unterhaltsame Konstante bietet.

04.09. Ellmau nach Salzburg

Der wunderschöne Tauernradweg macht die nächste Etappe zu einem wahren Highlight. Hätte ich doch bloß ein bisschen mehr Zeit um die Landschaft besser zu erkunden…ehrlich gesagt habe ich mir das mittlerweile schon an so vielen Orten in Österreich gedacht, dass ich das Gefühl habe, wenn ich überall dorthin zurückfahre, wo ich es mir vorgenommen habe, bin ich tatsächlich die nächsten Jahre Urlaub beschäftigt. Wir fahren über Bad Reichenhall und nach der Nacht im Zelt und dem ganzen Radfahren bin ich so müde, dass ich im Restaurant die ganze Zeit wegdöse. Die Salzburger haben den Rebel Ride schob auf Freitag Abend vorverlegt und so fahren wir nur zu siebt auf der Straße – aber mit Wirkung. Sehr beeindruckt bin ich von den wenigen Menschen die hier mitfahren. Weil ihr Mut und ihre Gelassenheit trotz der ganzen Autos hinter uns mich mal wieder daran erinnert, wieso ich bei der Blockade in Berlin so viel Respekt vor dem Mut der wenigen Menschen hatte. Manchmal denke ich, dass ich an meinem Rebellen-Dasein noch arbeiten müsste, weil ich mich immer direkt bei allen entschuldigen möchte und am liebsten selbst auf die Seite fahren will. Genauso wie der Polizist mit dem ich bei einer Blockade in Innsbruck gesprochen habe, vermutlich wirklich gemerkt hat, dass es kein Vorgeheuchle war, wie unangenehm mir das gerade selbst ist und dass es trotzdem notwendig ist.

Obwohl wir also nicht viele sind, nehme ich an diesem Abend sehr viel wieder für mich mit und die Menschen, die da waren, haben mich allesamt sehr bewegt. 

05.09. Salzburg

Das Picknick wird wieder ein kleines, aber feines Treffen, bei dem ich erstmal viel von meiner Tour erzähle. An der Stelle merke ich selbst wie wahnsinnig viel ich jetzt schon erlebt habe und wie geballt das ist, wenn man versucht so viele Eindrücke und Perspektiven in kurzer Zeit zu erzählen. Außerdem sprechen wir darüber, was für die Leute die Wendepunkte waren, an denen sie aktiv geworden sind. Bei einer Studentin zum Beispiel war es das Erlebnis vor Ort in Südafrika wie die armen Menschen an Wasser sparen mussten, während die Reichen daneben ihre großen Pools hatten… Solche Geschichten sind immer wieder bewegend und ich finde es ist so wichtig sich Zeit dafür zu nehmen zu hören wieso die Personen jetzt überhaupt da sind. 

Ansonsten geht es mir in Salzburg richtig gut ich übernachte mit Lena, die mich auf meinem weiteren Weg begleiten wird bei Moritz und wir haben spannende Diskussionen am Abend. Einig sind wir uns auf jeden Fall, dass es absurd ist das so viel auf die individuelle Last geschoben wird und dass es so enorm wichtig wäre, dass nicht immer nur Veränderungen auf der individuellen Konsumebene angeregt werden sollen, sondern dass viel mehr Individuen auf die Straße gehen müssten (unabhängig davon wie ökologisch perfekt sie selbst sind) und so genügend Druck erzeugt wird, um umweltfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Danke für die schöne Zeit in Salzburg!

Love & Rage
Aliena

Drama im Festspielhaus: Extinction Rebellion stört Event und verleiht Preis für Täuschung der Öffentlichkeit

Drama im Festspielhaus: Extinction Rebellion stört Event und verleiht Preis für Täuschung der Öffentlichkeit

Diese Seite berichtet über eine Aktion von Extinction Rebellion, bei der das e5-Event im Bregenzer Festspielhaus gestört wurde, um auf das Thema Greenwashing und das umstrittene Bauvorhaben “Tunnelspinne” in Feldkirch aufmerksam zu machen. Mit einer satirischen Preisverleihung kritisiert die Bewegung die Stadt Feldkirch für ihre widersprüchliche Haltung in Bezug auf Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung. Die Seite enthält Details zur Aktion, Zitate von Aktivisten und Hintergrundinformationen zur e5-Zertifizierung und dem Projekt “Tunnelspinne”.

EILMELDUNG: Protest in Feldkirch wächst – Großeltern leisten zivilen Ungehorsam für Kinder und Enkel

EILMELDUNG: Protest in Feldkirch wächst – Großeltern leisten zivilen Ungehorsam für Kinder und Enkel

Diese Seite informiert über den mutigen Protest der Großeltern und Eltern in Feldkirch, die sich, unterstützt von Extinction Rebellion Vorarlberg, gegen das Projekt “Tunnelspinne” und für den Klimaschutz einsetzen. Barbara Feurstein, eine der protestierenden Großmütter, betont die Dringlichkeit des globalen Klimanotstands und die Notwendigkeit, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die weitere Erwärmung unseres Planeten zu stoppen. Die Seite bietet Informationen darüber, wie Sie den Protest unterstützen und sich über die Initiative “Mobilitätswende-jetzt” informieren können.

Weitere Artikel

EILMELDUNG: Protest in Feldkirch wächst – Großeltern leisten zivilen Ungehorsam für Kinder und Enkel

Diese Seite informiert über den mutigen Protest der Großeltern und Eltern in Feldkirch, die sich, unterstützt von Extinction Rebellion Vorarlberg, gegen das Projekt “Tunnelspinne” und für den Klimaschutz einsetzen. Barbara Feurstein, eine der protestierenden Großmütter, betont die Dringlichkeit des globalen Klimanotstands und die Notwendigkeit, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die weitere Erwärmung unseres Planeten zu stoppen. Die Seite bietet Informationen darüber, wie Sie den Protest unterstützen und sich über die Initiative “Mobilitätswende-jetzt” informieren können.

Die COP28 ist gescheitert – und Österreich war daran beteiligt

Die Ergebnisse der COP28 haben alle enttäuscht, die für ein Ende der globalen Erhitzung kämpfen. Wie die meisten Klima-COPs der vergangenen 30 Jahre war die Konferenz ein Fehlschlag. Kleine Fortschritte bei Nebenthemen lenken davon ab, dass in den kommenden Jahren noch mehr Kohle, Öl und Gas gefördert und verbrannt werden dürfen. Es gibt keine...

Drama im Festspielhaus: Extinction Rebellion stört Event und verleiht Preis für Täuschung der Öffentlichkeit

Diese Seite berichtet über eine Aktion von Extinction Rebellion, bei der das e5-Event im Bregenzer Festspielhaus gestört wurde, um auf das Thema Greenwashing und das umstrittene Bauvorhaben “Tunnelspinne” in Feldkirch aufmerksam zu machen. Mit einer satirischen Preisverleihung kritisiert die Bewegung die Stadt Feldkirch für ihre widersprüchliche Haltung in Bezug auf Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung. Die Seite enthält Details zur Aktion, Zitate von Aktivisten und Hintergrundinformationen zur e5-Zertifizierung und dem Projekt “Tunnelspinne”.

Präsident Biden’s Klimagipfel und die US-Klimapolitik

Die Klimapolitik der neuen Regierung ist eine radikale Abkehr von der Linie unter dem Klimaleugner Trump. Die meisten Beobachter*innen stimmen darin überein, dass sie sie für ernstgemeint halten. Es ist ebenfalls deutlich, dass die Maßnahmen der Biden-Administration bei weitem nicht ausreichen, das 1,5°-Ziel zu erreichen, und dass ihre...

„Hört auf, die Zukunft zu verbauen​​​​​​​!“ Extinction Rebellion blockiert erneut Vorarlberger Landtag vor Herbstsitzung 

Diese Seite bietet eine detaillierte Berichterstattung über die Aktion von Extinction Rebellion Österreich am 4. Oktober vor dem Vorarlberger Landtag. Die Aktivist:innen erhöhen den Druck auf die Landesregierung, das fossile Megaprojekt Tunnelspinne zu stoppen, und fordern ein Umdenken in der Mobilitätspolitik. Lesen Sie Zeugenaussagen, die Forderungen von XR und die Unterstützung von Expert:innen für eine nachhaltige Zukunft.

Unterwegs zur Hothouse Earth: Mit den Gletschern zerstören wir unsere Lebensgrundlagen

Für das Leben auf der Erde spielen die Gletscher eine entscheidende Rolle: Sie regulieren den Meeresspiegel.Sie sind ein Zwischenspeicher für Niederschläge und sorgen dafür, dass große Gebiete kontinuierlich bewässert werden. Durch die Erwärmung der Erde schmelzen die Gletscher. Der Meeresspiegel steigt. Küstennahe Gebiete werden überflutet....

Kein Anlass für Optimismus – Die CoP28 hat begonnen

Der Artikel beleuchtet kritisch die COP28 und die Rolle der Fossilindustrie in der Klimakrise. Er fordert eine radikale Transformation und beleuchtet Österreichs Rolle in diesem globalen Szenario.

Eine Bankrotterklärung der österreichischen Klimapolitik

Das Szenario "mit bestehenden MaSSnahmen" (With Existing Measures, WEM) zeigt einen Rückgang um 30% von 1990 bis 2050, d. h. von 77,0 Mio. t CO2-Äquivalenten im Jahr 1990 auf 55,1 Mio. t CO2-Äquivalenten im Jahr 2050. (GHG Projections and Assessment of Policies in Austria 2023 (Draft), 2023, p. 7, dt. Übersetzung) Das Bundesumweltamt stellt in...

Schubumkehr, nicht Kurskorrektur! – Warum wir die Stadtstrasse mit zivilem Ungehorsam verhindern müssen

Österreich hat seine selbstgesetzten und gesetzlich vorgeschriebenen Klimazielen bisher in jedem Jahr drastisch verfehlt. Und mit diesen Klimazielen sind Österreich und die EU noch weit von einem 1,5°-Pfad entfernt. Die Hauptursache für die hohen Emissionen Österreichs ist der Verkehr, und hier der individuelle Autoverkehr. Jede Wienerin und...

Brennpunkt der Realitätsverweigerung in der Klimapolitik – XR-Newsroom zur COP 26 am 6.11.2021

Am 6.11. fand der erste XR Newsroom zur COP26 in Glasgow statt. In der Ankündigung des Events haben wir geschrieben, dass die Konferenz wahrscheinlich als Fiasko enden wird. Der bisherige Verlauf bestätigt diese Befürchtung. Die Mächtigen der Welt verspielen eine der letzten Chancen, eine planetare Katastrophe zu verbinden. Wir dokumentieren hier...