21.9 St. Pölten – Schwarzau
Eine Fahrt an der Traisen entlang Richtung Süden. Die Hügel kommen wieder näher und bald befinde ich mich in tiefem Nadelwald. Bis auf diese eine Straße ist hier nichts, aber unglaublich, was diese eine Straße doch ist. Immer wieder, wenn es gerade ganz still und ruhig geworden ist knattert es wieder und das nächste Motorrad oder Auto kommt um die Ecke. Ich hab das nie so wahrgenommen, wie laut jedes Einzelne Fahrzeug eigentlich ist. Jetzt kann ich viel besser verstehen, warum es wirkliche Ruhegebiete für die Tiere braucht. Mit dem ständigen Lärm werde ja sogar ich ganz nervös. Der Ton ist ja nicht mal konstant, sodass man sich daran gewöhnen könnte. Ich fühl mich ein bisschen wie eine alte Dame, die Ruhe haben will und dabei bin ich doch erst 22 geworden.. aber wenn der Kopf so voll ist, dann macht es mich kirre, wenn es nicht 5 Sekunden mal ruhig ist.
Mein Zelt schlage ich (wegen einem Arbeitscall mal wieder zu spät dran, um dorthin zu kommen, wo ich eigentlich hinwollte) im Wald im Gebirge auf. Die Nacht ist kalt. Sehr kalt. Ich habe ungefähr alles an, was ich mithabe – mehrere Socken übereinander, lange Unterhosen und zwei Hosen drüber, T-Shirts, ein langärmliges Trainingsshirt, Pulli, 3 Jacken und mein Buff – trotzdem sticht die Kälte durch all das (und meinen Schlafsack!) einfach durch wie nichts.
22.9. Schwarzau – Semmering
In den frühen Morgenstunden komme ich bereits in den kleinen Ort Schwarzau. Hier ist eine andere Art von Tourismus. Sanfter Tourismus im Vergleich zum Massentourismus – Ich denke das ist eine Debatte, die wir hier in Österreich auch wegen der Relevanz für Klima und Umwelt dringend führen müssen.
In Schwarzau stehen Schilder um einen kleinen Teich, dass man die Umwelt achten soll. Ein Mann spaziert mit seinen beiden Hunden vorbei und unterhält sich mit mir. Eine Katze springt auf meinen Schoß, schmiegt sich an mich und schnurrt aus tiefster Brust. Es kommt mir ein bisschen vor wie die Ruhe vor dem Sturm. Jetzt noch allein unterwegs zu sein (wofür ich ausnahmsweise mal dankbar bin) und in ein paar Tagen geht in Wien die Rebellionswelle los.
23.9. Semmering – Wiener Neustadt
Die letzten beiden Tage vergehen wie im Flug. Die Strecken sind zwar nicht mehr so lange, aber jede Pause ist gefüllt mit Reden schreiben, telefonieren und auf dem neuesten Stand bleiben. Semmering war natürlich auch eine Station auf der Rebeltour wegen dem historischen Weltkulturerbe der Semmeringbahn. Was ist aus der intensiven Förderung von Bahnstrecken geworden? Während der Ausbau für Bahnen ins Stocken geriet, boomte der Bau von Autobahnen und Schnellstraßen.
In einer Podcastfolge von SWR2 Wissen hat jemand mal angesprochen, was für wunderbare Orte Bahnhöfe früher eigentlich waren. Gepflegt und mit Blumen geschmückt, man war stolz, wenn man bei der Bahn arbeitete…ich frage mich, ob es wirklich so utopisch ist, dass wir diese Dinge wieder ändern.
24.9 Wiener Neustadt – Wien
Auf dem Thermenradweg kann ich gar nicht glauben wie unglaublich nah ich mich jetzt wieder dort befinde, wo ich gestartet bin. Schließlich nach Wien hineinzufahren ist ein irres Gefühl. Ich bin wirklich da…
Ich muss zugeben, dass als ich in Vorarlberg nach den kranken Tagen wieder losgefahren bin ich mir nicht ganz so sicher war, ob mein Körper das wirklich packt. Ich würde mal behaupten, es war alles dabei was so eine Tour noch dazu eine aktivistische mit sich bringt: Kälte, Nässe und brütende Hitze, kraftlose Oberschenkel, Stress wegen Veranstaltungen, aber auch unzählige Begegnungen, Inspirationen, das Wissen wofür wir kämpfen, die Verbundenheit mit den Menschen von XR, die mich jederorts so herzlich empfangen haben, das Wissen, dass auch wenn es manchmal hart ist und wir uns alleine fühlen, wir nicht alleine sind.
Ich freue mich wahnsinnig, wenn all diese Menschen sich nun in den nächsten Tagen in Wien zur Rebellionswelle zusammenfinden werden. Wir werden Widerstand leisten, weil die aktuellen Entwicklungen verheerende Zukunftsszenarien auslösen und vielerorts schon jetzt Menschen, Tiere und Pflanzen von den Auswirkungen getroffen werden.
Jeden Moment, den ich müde und erschöpft war habe ich mir vorgestellt wie es diesen Menschen gehen muss. Es gibt keine Alternative als unser bestes zu geben. Wir sollten uns nur nicht selbst Täuschen, was unser Bestes ist, denn wenn wir unterschätzen, was wir tun könnten und wenn wir aufbrechen, was wir bis jetzt als sicheren Hafen empfunden haben, dann werden wir Veränderung schaffen. Wir müssen nur selbst daran glauben, dass das Schaukeln auf offenem Wasser uns nicht kentern, sondern fröhlich singen lässt!
Love & Rage.
Die Rebellionswelle beginnt!