Gegen den Ökozid! – Statement von Martha zu ihrem Hungerstreik am Heldenplatz

von Juni 1, 2021Statements

[DEUTSCHE FASSUNG]

[ENGLISH VERSION BELOW]

Seit 21. Mai 2021 befindet sich meine Freundin Howey Ou gemeinsam mit anderen Aktivist_innen in Lausanne im unbefristeten Hungerstreik. Für den Versuch, die intakte Natur auf dem Mormont-Hügel vor der klimazerstörenden Zementindustrie zu retten, drohen ihnen 2 Monaten Haft und eine Geldstrafe von jeweils 1.200 CHF (ca. 1.100 €). Das zeigt auf, wie wenig uns unsere Kinder und Enkel wert sind. Wer sich dafür einsetzt, Natur für kommende Generationen zu erhalten, wird drakonisch bestraft. Wer skrupellos Natur zerstört, wird reich.

Hier in Österreich ist das nicht anders. Allen Lippenbekenntnissen zum Klima- und Umweltschutz zum Trotz soll noch in diesem Jahr im Osten Wiens mit dem Bau einer milliardenteuren Schnellstraße für den fossilen Auto- und LKW-Verkehr begonnen werden. Durch den empfindlichen Nationalpark Donau-Auen soll ein Tunnel gebohrt werden, dessen Auswirkungen auf die komplexen Wasserkreisläufe in der Lobau – und damit auf das Wasserwerk Lobau, aus dem etwa in Dürrezeiten Teile unseres Wiener Leitungswassers stammen – noch gar nicht abzuschätzen sind.

Neue Straßen bringen keine Verkehrsentlastung, im Gegenteil: je mehr in Straßeninfrastruktur investiert wird, desto eher nutzen Menschen das Auto anstelle klimafreundlicherer Verkehrsmittel. Seit 1990 ist der Treibhausgas-Ausstoß des Verkehrssektors um ca. ¾ gestiegen. Jetzt sollen mit den Ausbauplänen der Regierung auch noch internationale Transitströme über Wien gelenkt werden, was für die Bevölkerung der betroffenen Außenbezirke noch mehr Lärmbelastung und noch mehr Schadstoffe bedeutet.

Wir leben im 21. Jahrhundert. Die Klimakrise hat sich durch jahrzehntelange Untätigkeit zu einer weltumspannenden Katastrophe entwickelt. Wenn wir unseren rücksichtslosen Raubbau an der Natur so fortsetzen, bedeutet das für hunderte Millionen – wenn nicht Milliarden – Menschen den Tod. Unsere Regierungen handeln weiter, als gäbe es kein Morgen. Ich kann dem Wahnsinn nicht länger zusehen.

Ich schließe mich daher mit dem heutigen Tag dem Hungerstreik an.

Ich sitze mit meinem Schild vom späten Vormittag bis zur Dämmerung am Heldenplatz, in der Nähe des rechten Flügels vom Heldentor – auf den Stufen, in der Wiese oder bei Schlechtwetter unter den Säulen. Wer mir dort Gesellschaft leisten will, ist sehr willkommen. Ich bin noch nicht gegen Corona geimpft, und bitte entsprechend um Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen. Danke.

In Liebe, Mut & Solidarität

Martha  

Forderungen:

#1

Wer sich der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gewaltfrei in den Weg stellt, verdient Anerkennung und keine Strafe. Österreich muss sich auf internationaler Ebene dafür einsetzen, dass alle Strafen gegen diese Verteidiger_innen der Erde aufgehoben werden.

#2

Alle Vorhaben und Projekte, deren Verwirklichung nach wissenschaftlich fundierten Prognosen in der Zukunft zu Mehremissionen an Treibhausgasen führen, sind unverzüglich zu stoppen. Dazu gehören in Österreich etwa:

  • Neubau und Ausbau von Schnellstraßen und Autobahnen
  • Neubau und Ausbau von Flughäfen und Flughafen-Infrastruktur
  • Suche nach und Erschließung von neuen Kohle-, Öl- und Erdgasvorkommen

#3

Bürgermeister Michael Ludwig muss sich öffentlich zu den wissenschaftlichen Fakten bekennen:

  • Neue Straßen führen nicht zu weniger, sondern zu mehr Verkehr.
  • S1 und Lobautunnel bringen der verkehrsgeplagten Bevölkerung langfristig keine Entlastung.

Die Datenlage ist eindeutig:

https://doi.org/10.1007/BF00166218

https://doi.org/10.1257/aer.101.6.2616

https://doi.org/10.1016/j.jue.2014.02.002

https://doi.org/10.1080/01621459.2014.956871

https://www.eco-logica.co.uk/pdf/wtpp17.3.pdf


  [ENGLISH VERSION]

Together with other activists, my friend Howey Ou is on open-ended hunger strike in Lausanne since May 21st. For defending Mormont hill, a biodiversity hotspot threatened with destruction by the climate-destroying cement industry, they are facing 2 months in prison and a fine of CHF 1,200 (approx. € 1,100) each.

This shows the contempt for our children and grandchildren in the current economic system. People fighting to preserve nature for future generations face draconian fines. People unscrupulously destroying nature get rich.

The situation is the same here in Austria. Politicians pay lip service to climate and nature protection, yet approve new highways for fossil-fueled car and truck traffic costing billions of euros. Right under the sensitive Danube Floodplains National Park a road tunnel is supposed to be built, whose impacts on the complex hydrology in the Lobau region – including the Lobau waterworks, an important backup source for Vienna’s tap water especially in times of drought – are inestimable.

New roads do not lead to traffic reduction, on the contrary: the more roads are built, the more people use the car in place of more climate-friendly modes of transport. Compared to 1990, the GHG emissions from traffic have gone up by roughly 75% in Austria. Now, the government intends to redirect international road transit routes to Vienna, exposing the population of the affected city outskirts to even more noise and air pollution. We’re in the 21st century. Decades of ignorance have brought the climate crisis to the verge of a global disaster. If we continue plundering nature at current pace, hundreds of millions – if not billions – of people will die. Our governments still act as if there was no tomorrow. I can no longer sit idly amidst this madness.

Therefore, I am joining the hunger strike today.

I will spend my days in Vienna at Heldenplatz, close to the right (from inside) wing of the Äußeres Burgtor – on the steps, in the grass or in case of poor weather among the columns. Anyone wishing to keep me company is welcome. I haven’t been vaccinated against COVID yet, so please stick to the safety precautions.

In love, rage & solidarity

Martha  

Demands:

#1

Those who are non-violently standing up against the destruction of our basis of existence deserve praise, not prison or punishment. Austria must support at the international level that all charges against Earth Defenders are dropped.

#2

All projects and undertakings that will lead to increased GHG emissions in the future according to scientifically sound predictions must be stopped immediately. In Austria, this affects f. ex.:

  • New construction and expansion of highways.
  • New construction and expansion of airports and airport infrastructure.
  • Exploration for and development of new coal-, oil- and fossil gas deposits.

#3

Vienna Mayor Michael Ludwig must publicly admit the scientific facts:

  • New roads lead to more, not less, traffic.
  • S1 and Lobau tunnel will not provide long-term relief to the traffic-plagued population.

The science is unambiguous:

https://doi.org/10.1007/BF00166218

https://doi.org/10.1257/aer.101.6.2616

https://doi.org/10.1016/j.jue.2014.02.002

https://doi.org/10.1080/01621459.2014.956871

https://www.eco-logica.co.uk/pdf/wtpp17.3.pdf

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