Hungerstreik Martha: Offener Brief an die Presse

von Jun 9, 2021Statements

[DEUTSCHE FASSUNG]

[ENGLISH VERSION BELOW]

Werter Redakteur, werte Redakteurin,

ich bin Martha Krumpeck, studierte Molekularbiologin. Ich schreibe Ihnen diesen Brief, weil ich aus purer Verzweiflung seit 31. Mai im unbefristeten Hungerstreik bin. Ich bin verzweifelt darüber, wie wissenschaftliche Fakten ignoriert werden. Ich bin verzweifelt darüber, wie die Demokratie in unserem schönen Land immer weiter ausgehöhlt wird. Und ich bin verzweifelt über die grassierende Korruption, gegen die anscheinend niemand etwas unternimmt.

Dieser Hungerstreik ist echt. Ich habe in den letzten 10 Tagen 4kg an Gewicht verloren. Noch geht es mir den Umständen entsprechend gut, aber mein Körper wird das nicht unbegrenzt durchhalten. Ich schreibe Ihnen diesen Brief, solange ich noch die Kraft dazu habe.

Ich fordere, dass der Stand der Wissenschaft zur Klima- und Umweltkrise und die Erfahrungen aus inzwischen fast 100 Jahren Verkehrsplanung endlich angemessen berücksichtig werden. Noch immer wird faktenwidrig behauptet, dass S1 und Lobautunnel der Bevölkerung eine Verkehrsentlastung bringen würden – dabei belegen längst zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, dass neue Straßen im Gegenteil mehr Verkehr anziehen. Auch wird verschwiegen, dass die Lobau-Autobahn als Teil eines internationalen Transitkorridors geplant ist, der uns den internationalen Schwerverkehr nach Wien holen wird.

Das bedeutet: mehr Lärm, mehr Luftverschmutzung, und nicht zuletzt mehr klimazerstörende CO2-Emissionen. Nur zur Erinnerung: Die Klimakrise steht nach Jahrzehnten der Untätigkeit kurz davor, sich zu einer weltumspannenden Katastrophe zu entwickeln. UN-Generalsekretär Guterres nannte sie 2018 eine „existenzielle Bedrohung für das meiste Leben auf diesem Planeten, insbesondere für die Menschheit.“.

Wenn wir unseren Kindern mehr als eine völlig zerstörte Welt hinterlassen wollen, dann müssen wir jetzt schnellstmöglich Emissionen senken. Das bedeutet auch, dass für jegliche Projekte, die in der Zukunft nach wissenschaftlich fundierten Prognosen zu Mehremissionen führen, kein Platz mehr sein darf. Dazu gehören insbesondere:
• Neubau und Ausbau von Schnellstraßen und Autobahnen
• Neubau und Ausbau von Flughäfen und Flughafen-Infrastruktur
• Suche nach und Erschließung von neuen Kohle-, Öl- und Erdgasvorkommen

Das sind keine Weichenstellungen, für die wir heute etwas an unserer Lebensweise ändern müssten. Da geht es einzig und allein darum, dass nicht zusätzliches Geld in die Hand genommen wird, um das Problem noch schlimmer zu machen. Einen Großbrand löscht man schließlich auch nicht mit Benzin!

Außerdem fordere ich – und das betrifft Sie als Journalist:innen direkt – die Wiederherstellung der Pressefreiheit in Österreich. Wenn genehme Berichterstattung mit reichlich Inseratengeld aus der Staatskasse honoriert wird, während in den Chefredaktionen auf Zuruf kritische Berichte über die Mächtigen begraben werden, dann ist das keine freie Presse mehr.

In den Schmid-Chats zeigt sich ein Sittenbild von der Selbstgefälligkeit und Abgehobenheit eines Zirkels, der sich über jedem Gesetz und über jeder Moral wähnt. Ich fordere, dass ein geloster Bürger:innenrat faire und transparente Regeln festlegt, nach denen in der Zukunft Posten und Aufträge vergeben werden, und die dem Missbrauch von öffentlichen Geldern für „Gefälligkeits-Inserate“ und Regierungs-PR einen Riegel vorschieben.

Es ist an der Zeit, den Menschen in diesem Land die Wahrheit zu sagen. Übernehmen Sie nicht ohne eigene Recherche die Propaganda von ASFINAG und Verkehrslobby – forschen Sie nach, befassen Sie sich mit den Fakten zu Straßenbau, induziertem Verkehr und den seit bald 100 Jahren immer wieder aufs Neue systematisch unterschätzten Verkehrslawinen.
Hier ein Link zu einem Artikel von Prof. Phil Goodwin in englischer Sprache zum Thema: https://xrb.link/D6f4t9j

In Liebe & Mut
Martha Krumpeck, im unbefristeten Hungerstreik seit 31. Mai


  [ENGLISH VERSION]

Dear editor,

I am Martha Krumpeck, a trained molecular biologist. I am writing this letter because I am on open-ended hunger strike since May 31st out of desperation. I am in despair at the ignorance towards scientific facts. I am in despair at the erosion of democracy in my country. And I am in despair at the widespread and unchecked corruption laid bare within the Austrian government.

This hunger strike is real. Over the last 10 days, I have lost 4kg in weight. Currently, I am feeling quite well given the circumstances, but I know my body cannot endure this forever. I am writing you this letter now, while I still have the strength to do so.

I demand that the best available science on the climate and ecological crisis and the experiences of almost 100 years of traffic management are adequately considered. We are told the counterfactual argument that S1 and Lobau tunnel would reduce the traffic load within Vienna despite mountains of evidence that new roads on the contrary only induce more traffic. It is not even reported that the Lobau highway is planned to be part of an international, trans-European transit route, redirecting heavy traffic flows towards Vienna.

That means: more noise, more pollution and more climate-wrecking CO2 emissions. As a reminder: decades of inaction have brought the climate crisis to the verge of a global disaster. UN secretary-general Guterres called this crisis “an existential threat to most life on the planet, including and especially the life of humankind” in a 2018 speech.

If we want to leave our children more than just scorched earth, we have to cut emissions now as fast as possible. This also means that any projects that will lead to increased greenhouse gas emissions in the future according to scientifically sound predictions must be cancelled immediately. This includes especially:
•   New construction and expansion of highways.
•   New construction and expansion of airports and airport infrastructure.
•   Exploration for and development of new coal-, oil- and fossil gas deposits.

Stopping these projects does not require any changes to our way of life. This is only about not using boatloads of money to worsen an existing problem. One doesn’t attempt to put out a fire by hosing it with gasoline.

Additionally, I demand – and this affects you directly as a journalist – that press freedom is restored to Austria. As long as taxpayer-funded adverts are used to bribe media into favorably covering some government officials while editorial boards suppress critical reporting on those in power on request, the press cannot be truly free.

The Schmid chat leaks have exposed the remoteness and arrogance within the “new” People’s Party, an elitist network of unscrupulous people believing themselves to be above the law. I demand that a citizens’ assembly, drawn by lot from the general population, establishes fair and transparent rules for filling government posts and awarding public contracts. The misuse of public funds for government PR must be prevented.

It is time to tell the people of Austria the truth. Do not parrot the propaganda of ASFINAG and traffic lobby without question – investigate! Read up the facts on road construction, induced traffic and how the resulting traffic avalanches have been systematically underestimated again and again and again over the course of almost 100 years. Here is a link to an article by Prof. Phil Goodwin on this issue: https://xrb.link/D6f4t9j

In Love&Rage
Martha Krumpeck, on open-ended hunger strike since May 31st

Positionierung zur XR Global Nahost Solidaritätserklärung

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Wir sehen uns durch das kürzlich veröffentlichte Statment auf den Kanälen von XR global verpflichtet, uns klar zu positionieren: Wir sind erschüttert durch den Terror der Hamas und verurteilen diesen. Wir stellen uns gegen jeden Antisemitismus und distanzieren uns daher ausdrücklich von Aussagen, die den Terror vom 7. Oktober verharmlosen, Israel sein Existenzrecht absprechen oder zu Antisemitismus beitragen.

Wir solidarisieren uns mit den Opfern der Hamas in Israel und ihren Angehörigen sowie mit den Opfern des wachsenden Antisemitismus weltweit und insbesondere in Österreich, den wir mit Sorge beobachten.

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