Kein Anlass für Optimismus – Die CoP28 hat begonnen

von Dez. 1, 2023Allgemein, News & Info

Nach jeder COP behaupten die Vertreterinnen von Regierungen und Fossilwirtschaft, dass es Fortschritt gab – vielleicht nicht genug, aber in der richtigen Richtung. Dieser Optimismus ist toxisch (Rosen, 2023). Wir machen nicht Fortschritte bei der Rettung des Planeten, sondern bei seiner Zerstörung. Die meisten Regierenden, hier in Österreich und weltweit, verstehen nicht, wie gefährlich die ökologisch-soziale Lage der Welt ist, viele verschlimmern sie bewusst. Fallen wir nicht auf diese Illusionen und das Greenwashing der Mächtigen herein! Nur die Entmachtung der Fosilindustrie kann uns retten.

Gestern hat in Dubai die COP28 begonnen. Ihre Vorgängerinnen hatten wenig Auswirkungen auf die globale Erhitzung. Seit die UNO die COP genannten Klimakonferenzen durchführt, hat sich der Ausstoß von Treibhausgasen immer weiter beschleunigt. Darauf zu hoffen, dass ausgerechnet die 28. COP die von einem Erdölstaat geleitet wird, diese Entwicklung beendet, ist nicht realistisch – auch wenn diese Konferenz eine besondere Bedeutung hat, weil zum ersten Mal eine sogenannte globale Bestandsaufnahme durchgeführt wird. Dabei wird überprüft, ob die Selbstverpflichtungen der Nationalstaaten ausreichen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Schon jetzt ist klar: Sie sind weit davon entfernt.

Die Climate Inaction Stripes (nach Sustentio et al.) zeigen, dass sich seit der ersten Weltklimakonferenz die Emissionen und die Erhitzung immer mehr beschleunigt haben.
Die Climate Inaction Stripes (nach Sustentio et al.) zeigen, dass sich seit der ersten Weltklimakonferenz die Emissionen und die Erhitzung immer mehr beschleunigt haben.

Klima und Klimagerechtigkeit werden durch die COPs weltweit zu einem öffentlichen Thema. Für die Klimagerechtigkeitsbewegung sind sie eine Chance zu kommunizieren – auch weil sie in ihren Absurditäten zeigen, wie die herrschenden Machtgruppen die Transformationen verhindern, mit denen sich die ökologisch-soziale Katastrophen noch bremsen ließen. Schon jetzt fallen diesen Katastrophen Millionen von Menschen und ganze Ökosysteme zum Opfer.

Nötig ist eine radikale Transformation des globalen Wirtschaftssystems. Die Kräfte, die für eine solche Transformation kämpfen, sind in den Regierungsdelegationen kaum vertreten.

In den letzten Monaten sind wichtige Diagnosen zur Situation von Erde und Klima erschienen. Sechs von neun der planetaren Grenzen sind bereits überschritten (Richardson et al., 2023). 20 von 35 Indikatoren des Klimasystems zeigen katastrophale Werte an (Ripple et al., 2023). Das Erdsystem befindet sich bereits in einem uncharted territory, einem nichtkartografierten Gelände. Das Hauptziel des COP-Prozesse – und das Motiv für die Pariser Klimaziele – wurde schon verfehlt. Nur eine radikale Transformation der Weltwirtschaft kann die schlimmsten Folgen dieser Entwicklung aufhalten – der Weltklimarat, der Weltbiodiversitätsrat, der Club of Rome und die namhaftesten Vertreter:innen der Erdsystemwissenschaften stimmen darin überein.

Für diese Transformation treten bei der COP zwar Vertreter:innen von NGOs und internationalen Organisationen ein – öffentlich am sichtbarsten UN-Generalsekretät Guterres. Aber in den nationalen Delegationen, die während der COP Vereinbarungen schließen, hat sie kaum Vorkämpfer:innen – und wenn, dann in den armen und meist machtlosen Ländern, die am meisten unter der globalen Erhitzung leiden.

Die Kräfteverhältnisse in und zwischen den Ländern werden den Ausgang der COP bestimmen.

Auf den COPs werden Abkommen und Vereinbarungen über die weitere Klimapolitik beschlossen. Was der Inhalt dieser Abkommen ist, und wie verpflichtend sie sind, hängt von der Stärke und den Interessen der Parteien ab, die auf der COP verhandeln. Das Format der COP ist dafür zweitrangig.

Für die Ergebnisse der COP und damit den Fortgang des UN-Klimaprozesses vor allem entscheidend sind die Kräfteverhältnisse zwischen den Petrostaaten, die auf den Ausbau und die möglichst lange Nutzung der fossilen Energien setzen, und den herrschenden Eliten in den Schwellenländern und den reichen Ländern des globalen Nordens, die Kompromisslösungen zwischen fossilem und grünem Wachstum vertreten. Auch die Staaten mit einer verhältnismäßig aktiven Klimapolitik setzen auf Wirtschaftswachstum und geopolitische Stärke und stehen unter dem Einfluss mächtiger Lobbies der Fossilindustrie. Deshalb wird die COP das weitere Ansteigen der fossilen Emissionen kaum bremsen.

Die Hauptursachen der Treibhausgasemissionen – die Nutzung fossiler Energien und die nicht nachhaltige Landnutzung – werden von den mächtigen Playern gar nicht oder nicht ausreichend angegangen. Das Wachstum der Erneuerbaren wird global nicht ausreichen, um auch nur grob in die Richtung der Dekarbonisierungspfade zu gelangen, die das Pariser Abkommen fordert. Dazu müsste bei weitem mehr investiert, und das Verbrennen fossiler Energieträger müsste gleichzeitig radikal eingeschränkt werden. Die finanziellen Mittel der reichen Länder werden aber weiter vor allem in noch mehr Wachstum von Konsum und Produktion im globalen Norden und nicht in emissionsfreie Energien, ökologische Landwirtschaft und Anpassungsmaßnahmen in den Ländern des globalen Südens fließen.

An positiven Ergebnissen wird eine Finanzierung des Fonds für loss and damage (=Klimaschäden) erwartet, über dessen Verwaltung man sich kurz vor der COP geeinigt hat. Auch bei den Methanemissionen soll es zu neuen Beschlüssen kommen. Aber selbst wenn die armen Länder einen Ausgleich für einen kleinen Teil der nicht von ihnen verursachten Klimaschäden erhalten, und wenn bei der Förderung von Gas une Öl weniger Methan in die Atmosphäre ausgestoßen wird als heute – an den Wurzeln des Übels ändert das nichts.

Tatsächliche Veränderungen wird es nur geben, wenn die Kräfte stärker werden, die Veränderungen fordern – und das ist vor allem lokal und auf der Ebene der einzelnen Ländern möglich, wo die Fossilindustrie – wie in Österreich – oft auch kleinste Veränderungen blockiert. Zu einer entschlosseneren Klimapolitik mit transformativen Elementen ist es bisher nur gekommen, wenn genügend Druck auf Regierungen und Machtgruppen aufgebaut wurde – etwa durch Extinction Rebellion und Fridays for Future in Großbritannien und der EU vor der Pandemie. Es hängt von der Stärke der Klimagerechtigkeitsbewegung und nicht vom guten Willen von Politiker:innen ab, aus dem fossilen Lock-in herauszukommen. Entscheidend ist dabei nicht eine globale öffentliche Meinung, sondern die Entmachtung der Fossilindustrie auf allen Ebenen – in einer Stadt, einer Region oder einem Land. Nur diese Entmachtung eröffnet Entwicklungsmöglichkeiten jenseits des fossilen Wachstums.

Als XR Österreich kämpfen wir für eine Beendigung des Naheverhältnisse der OMV zur Adnoc und dafür, dass Österreich seinen internationalen Einfluss nutzt, um den Ausstieg aus Öl und Gas voranzutreiben.

Österreich hat eine globale Verantwortung, die es gerne ignoriert. Die Vereinigten Emirate, in denen die COP stattfindet, sind ein kleines Land, das aber eine Schüsselrolle dabei spielt, die Interessen der Petrostaaten zu koordinieren und diplomatisch und kommunikativ geschickt zu vertreten. Warum agiert Österreich nicht genauso – aber nicht im Interesse der fossilen Expansion, sondern des sofortigen Ausstiegs aus Öl und Gas? Die Adnoc, die Ölgesellschaft Abu Dhabis, hat die weitestgehenden Expansionspläne aller Fossilenergiefirmen, während sich die Emirate und Adnoc-Chef Sultan Al Jaber als Vorkämpfer einer postfossilen Zukunft darstellen (Carrington, 2023). 2022 – während der Österreicher und OMV-Aufsichtsrat Karl Rose Chefstratege der Adnoc war (MCI, 2021) – beschloss diese Gesellschaft, weitere 150 Milliarden Dollar in die fossile Expansion zu investieren. Österreich hat ein Naheverhältnis zur Adnoc, die 25% der Anteile an der OMV besitzt. Deshalb erwarten wir, dass sich unsere Regierung vom Greenwashing der Adnoc klar distanziert und die Kommunikationsstrategie der Emirate durchkreuzt.

Quellen

Carrington, D. (2023, April 4). Revealed: UAE plans huge oil and gas expansion as it hosts UN climate summit. The Guardian. https://www.theguardian.com/environment/2023/apr/04/revealed-uae-plans-huge-oil-and-gas-expansion-as-it-hosts-un-climate-summit
MCI (Director). (2021, January 13). MCI | Distinguished Guest Livetalk | Karl Rose. https://www.youtube.com/watch?v=EjUrlkQ8pEw
Richardson, K., Steffen, W., Lucht, W., Bendtsen, J., Cornell, S. E., Donges, J. F., Drüke, M., Fetzer, I., Bala, G., Von Bloh, W., Feulner, G., Fiedler, S., Gerten, D., Gleeson, T., Hofmann, M., Huiskamp, W., Kummu, M., Mohan, C., Nogués-Bravo, D., … Rockström, J. (2023). Earth beyond six of nine planetary boundaries. Science Advances, 9(37), eadh2458. https://doi.org/10.1126/sciadv.adh2458
Ripple, W. J., Wolf, C., Gregg, J. W., Rockström, J., Newsome, T. M., Law, B. E., Marques, L., Lenton, T. M., Xu, C., Huq, S., Simons, L., & King, S. D. A. (2023). The 2023 state of the climate report: Entering uncharted territory. BioScience, biad080. https://doi.org/10.1093/biosci/biad080
Rosen, F. de. (2023, November 19). Put on a Happy Face – Unmasking the Toxic Positivity of Climate Gaslighting. ZNetwork. https://znetwork.org/znetarticle/put-on-a-happy-face-unmasking-the-toxic-positivity-of-climate-gaslighting/

Letzte Generation beendet Proteste in Österreich – wir machen weiter

Letzte Generation beendet Proteste in Österreich – wir machen weiter

Statement von Extinction Rebellion Österreich zum Ende der Proteste der Letzten Generation

Die Letzte Generation Österreich hat heute das Ende ihre Proteste verkündet. Wir waren und sind solidarisch mit den Menschen der Letzten Generation, verstehen den konsequenten Schritt, den sie gegangen sind und danken den Menschen, die unter schwierigen Bedingungen große Opfer gebracht haben, um die Menschen vor der Klimakatastrophe zu schützen. Wir fühlen die Frustration der letzten Generation gegenüber einer ignoranten und gemeingefährlichen Politik und die Traurigkeit über die Apathie in großen Teilen der Gesellschaft.

Extinction Rebellion wird weitermachen, auch mit Protesten gewaltfreien zivilen Ungehorsams in vielfältigen Aktionsformaten. Wir werden den Protest weiterhin zu Entschiedungsträger:innen und Verursacher:innen der eskalierenden Klimakrise tragen.

Auf die Frage, ob wir nun die Aktivist:innen der Letzten Generation aufnehmen werden, antworten wir: Ob das eine Option ist, liegt zunächst ja bei den Menschen der Letzten Generation. Wir werden sicher viele Gespräche führen und sind offen für neue Verbindungen und Ideen. Wir sehen uns grundsätzlich als Teil einer gemeinsamen Klimabewegung, die verschiedene Ansätzen hat, aber das Gleiche will. Wo wir kooperieren können, werden wir kooperieren.

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