Die Ergebnisse der COP28 haben alle enttäuscht, die für ein Ende der globalen Erhitzung kämpfen. Wie die meisten Klima-COPs der vergangenen 30 Jahre war die Konferenz ein Fehlschlag. Kleine Fortschritte bei Nebenthemen lenken davon ab, dass in den kommenden Jahren noch mehr Kohle, Öl und Gas gefördert und verbrannt werden dürfen.
Es gibt keine Verpflichtung zu einer Reduktion der Emissionen
Die COP28 hat keine wirksamen Aussagen zur Einschränkung der Emissionen – und das heißt: zu einer Einschränkung der Fossil- und der Agroindustrie – getroffen. Das wichtigste Schlussdokument, die sogenannte globale Bestandsaufnahme (global stocktake, UNFCCC 2023), fordert in einen unverbindlichen Satz das transitioning away vom fossilen Energiesystem. Diese mehrdeutige und um Jahrzehnte verspätete Willenserklärung wird so eingeschränkt, dass sich jede weitere Verwendung von fossilen Energien als Teil des „gerechten und organisierten“ Übergangs begründen lässt. Gas wird als „Übergangsenergie“ gerechtfertigt. Auf Kohle soll nur verzichtet werden, wenn sie „unabated“ ist. Aus diesen schwammigen Formulierungen lässt sich keine durchsetzbare Forderung ableiten.
Die in den globalen Süden transferierten Finanzen sind nur ein Bruchteil des Notwendigen
Im Mittelpunkt der Medienberichte zur COP stehen die Aussagen zur Reduzierung der Treibhausgase. Genauso wichtig sind aber die Finanzierung von Klimaschutz und Klima-Anpassung und der Ausgleich von Schäden und Verlusten in den ärmeren Ländern. Die offizielle Einrichtung eines Fonds zu Schäden und Verlusten am ersten Tag der COP28 – beschlossen war sie schon – verbessert die Verhandlungsposition des globalen Südens etwas. Sie verpflichtet aber nicht zu Finanzflüssen, die die Situation nachhaltig verändern. Während der COP hat die „High Level Expert Group on Climate Finance“ noch einmal bekräftigt, dass die Finanzmittel für den globalen Süden bis 2030 auf jährlich 2,4 Billionen Dollar aufgestockt werden müssen (Bhattacharya et al. 2023). Nur mit einer solchen Summe können diese Staaten Energiesysteme aufbauen, die Armut verringern, ohne dass die Emissionen steigen. Und nur mit dieser Summe könnten sich diese Länder an die Folgen der Klimakatastrophe anpassen (wenn sie rechtzeitig begrenzt wird) und die schlimmsten Klimaschäden beheben. Auf der COP28 gab es keine Zusage der Staaten des globalen Nordens, dem globalen Süden Beträge zur Verfügung zu stellen, die über das jetzt schon Gezahlte hinausgehen – und gezahlt wird lächerlich wenig.
Grund für den Misserfolg sind die Überschneidungen der Interessen der wirtschaftlichen Eliten in den reichen Industriestaaten, den Petrostaaten und in Schwellenländern
Wie kommt es zu diesem krassen Missverhältnis zwischen dem was nötig ist, und dem was die Konferenz tatsächlich beschlossen bzw. nicht beschlossen hat? Auf der COP28 trafen sehr unterschiedliche Akteure aufeinander, aber die Interessen vieler dieser Akteure überschneiden sich. Die Konferenz fand in einem Petrostaat statt, der seine Öl und Gasindustrie mit Hochdruck ausbaut und eng mit anderen Petrostaaten kooperiert. Ein deutliches Signal für diese Allianzen war der Besuch Putins in den Emiraten und in Saudi-Arabien während der Konferenz. Vor allem die Petrostaaten haben deutlichere Beschlüsse verhindert. Dazu waren sie aber nur in der Lage, weil die dort autoritär herrschenden Eliten im Gleichklang mit herrschenden oder einflussreichen Akteuren in vielen anderen Staaten handeln. Die Länder des sogenannten globalen Nordens hängen zwar nicht so sehr von Öl- und Gasförderung und -Verkauf ab wie die Petrostaaten, aber sie haben eine starke Fossilindustrie, die nach wie vor großen direkten und indirekten Druck auf die Regierungen ausübt. Überdies kann das Finanzkapital in diesen Ländern weiter ungehindert in die globale Fossilindustrie investieren, und es blockiert Transferleistungen in den globalen Süden.
Die Petro-Staaten agieren aber auch als Verbündete der Schwellenländer, also wirtschaftlich verhältnismäßig starker Länder im sogenannten globalen Süden, deren Eliten oft einen nationalistischen Kurs verfolgen. Diese Staaten befinden sich in einer Konkurrenzsituation zum globalen Norden und versuchen ärmere Länder von sich abhängig zu machen. Wenn man sie auffordert, auf fossile Energien zu verzichten und den ärmeren Ländern Finanzen zur Verfügung zu stellen, antworten sie mit dem Hinweis darauf, dass der globale Norden dazu in viel höherem Maße verpflichtet wäre. Vor allem China und Indien blockieren damit eine wirksame Dekarbonisierung.
Die Konferenzleitung hat die Beziehungen der Emirate zu den wichtigen Interessengruppen sehr geschickt ausgebaut – auf Kosten eines verbindlichen Ergebnisses
Das diplomatische Geschick des COP-Präsidenten Sultan Al Jaber wurde in den Medien öfter gelobt – trotz des schamlosen Greenwashing der Vereinigten Arabischen Emirate und der von Al Jaber geleiteten Ölgesellschaft Adnoc. Diplomatisch geschickt hat Sultan Al Jaber vor allem zwischen den Interessen der mächtigen Eliten im globalen Norden, in den Petrostaaten und in den Schwellenländern vermittelt. Das Konferenzergebnis sichert den Schwellenländern zu, nicht als erste entschlossen die globale Erhitzung zu bekämpfen. Es ermöglicht es damit den Emiraten und den anderen Petrostaaten weiter, in diese und in ärmere Länder Öl und Gas zu exportieren und sogar als deren Interessenvertreter aufzutreten. Und zugleich können sich die Emirate aufgrund des Formel-Kompromisses im Konferenzergebnis als Vorkämpfer des Abschieds vom fossilen Zeitalter darstellen und ihre Wirtschaft weiter mit der des globalen Nordens integrieren.
Im Vergleich zu dieser informellen Koalition großer Teile der Finanz- und Machteliten in Industrieländern, Schwellenländern und Petrostaaten sind die Kräfte schwach, die für das Ende des fossilen Systems eintreten. In den Staaten des globalen Nordens stehen sie unter dem Druck der fossilen Systemerhalter, die sich zunehmend mit Populisten verbünden. Überdies haben die Gruppen, die im globalen Norden „Net Zero“ fordern, oft andere Interessen als die Kräfte im globalen Süden, deren Länder unmittelbar von der globalen Erhitzung bedroht werden. Insgesamt konnten sich die Gegner von Kohle, Gas und Öl auf dieser COP noch weniger durchsetzen als auf den vorangehenden. Symbolisch dafür war, dass die kleinen Inselstaaten vor der Verabschiedung des Schlussdokuments nicht einmal gehört wurden (“COP28 Closing Plenary: AOSIS Statement on GST Decision – AOSIS” 2023).
Österreich agiert öffentlich im Sinne von mehr Klimaschutz und wirtschaftlich in einer engen Verbindung mit Abu Dhabi
Österreich hat auf der COP28 so doppelzüngig agiert, wie die österreichische Klimapolitik es seit Jahren ist. Einerseits kann die Umweltministerin als Sprecherin der Kräfte auftreten, die sich für mehr und schnelleren Klimaschutz einsetzen. Sie hat vor der Konferenz die Forderungen der High Ambition Coalition unterzeichnet (High Ambition Coalition 2023). Um dieses Engagement zu legitimieren, hat sie nach der Konferenz die Ergebnisse öffentlich gefeiert. Andererseits agiert Österreich über die Staatsfirma OMV im Schulterschluss mit den Emiraten und Abu Dhabis Ölgesellschaft Adnoc, deren Chef Sultan Al Jaber ist. Während der Konferenz hat Österreichs Finanzminister Brunner mit Sultan Al Jaber über die Zusammenlegung der Petrochemie-Sparten der OMV und der Adnoc gesprochen (Haase 2023). Eine öffentliche Distanzierung von der Konferenzführung Al Jabers durch Österreich war nicht wahrzunehmen. Als enger wirtschaftlicher Partner der Emirate, der überdies sein Gas noch immer aus Russland bezieht, ist Österreich kein glaubwürdiger Verbündeter der Kräfte, die sich gegen die Fossilindustrie engagieren.
Die österreichische Klimabewegung muss gegen die Koalition von Adnoc und OMV mobilisieren.
Die Fossilindustrie wird nach der COP28 ihren Kurs hin zu noch mehr Förderung von Kohle, Öl und Gas fast ungebremst weiter verfolgen. Die Klimabewegung muss sich deswegen noch entschiedener als bisher gegen die Fossilindustrie stellen.
Hier in Österreich herrschen besondere Bedingungen. Die wichtigste Firma der Fossilindustrie in Österreich, die OMV, ist eng mit der Adnoc verbunden, die auf der COP eine Schlüsselrolle gespielt hat. Um die Fossilindustrie strategisch zu schwächen, müssen wir entschieden gegen die fossilen Aktivitäten der OMV und vor allem ihr skandalöses Bündnis mit der Adnoc mobilisieren. Damit haben wir eine Aufgabe, die auch international relevant ist. Wir können dazu beitragen, der Adnoc die Legitimation zu entziehen, an der sie – wie das Greenwashing auf der COP28 gezeigt hat – hochinteressiert ist.
Österreich muss in Europa und international den fossilen Nicht-Verbreitungsvertrag unterstützen und für eine wirksame Finanzierung des globalen Südens eintreten.
Österreich muss international eine viel deutlichere eine Rolle im Kampf gegen die Klimakatastrophe wahrnehmen. Es muss sich den Ländern anschließen, die einen fossilen Nicht-Verbreitungsvertrag unterstützen und dafür auch in der EU eintreten. Österreich ist zwar ein kleines Land, aber sein diplomatischer Einfluss war immer wieder groß. Eine entsprechende Positionierung Österreichs hätte international Konsequenzen – wenn sie durch entschlossene Dekarbonisierung im Land unterstützt wird.
Die COP28 war ein Greenwashing-Event für die fossile Industrie. Das Handeln der Staaten insgesamt und Österreichs im besonderen widerspricht den bisherigen Deklarationen und den mit dem Pariser Abkommen eingegangenen Verpflichtungen. Gegen Greenwashing und Beruhigung der Bevölkerung durch Kleinstfortschritte müssen wir noch entschiedener dafür sorgen, dass den Menschen nicht Sand in die Augen gestreut wird. Und wir müssen wirksam gegen diejenigen mobilisieren, die den Abschied vom fossilen System aufhalten – die Öl- und Gasindustrie insgesamt und hier in Österreich die OMV und ihre Netzwerke.