Smells like A26 Stau – Erneut Protest gegen Westring-Projekt in Linz

von Apr. 20, 2024Allgemein, Pressemitteilungen

Am Samstagmittag kam es beim Linzer Hauptbahnhof auf der Kärntnerstraße zu einer unangemeldeten Straßenblockade von Extinction Rebellion (XR). Der Protest richtete sich gegen den geplanten Bau der A26. Mehrere Menschen ketteten sich mit Metallrohren aneinander fest und setzten sich auf den Asphalt, um so einen Streifen der Fahrbahn zu sperren. Die zusätzliche Belastung des übrigen, freigebliebenen Fahrstreifens simulierte, wie sich die Verdopplung des Verkehrsaufkommen durch den Bau der A26 dort anfühlen wird. „Hier wird Ihre Zukunft verbaut“ oder „Smells like A26 Stau“ war auf Bannern zu lesen.

Linz, 20.04.2024, Während sich die Folgen der eskalierenden Klimakrise auch in Österreich immer deutlicher zeigen, eskalieren auch die finanziellen Kosten des fossilen Megaprojekts „Westring“ immer mehr. Nach der letzten Kostenabschätzung von 2020 explodierten diese nun um 60% auf unfassbare 1,19 Milliarden im letzten Jahr (1).

„Fossile Megaprojekte mitten in der Klimakrise bauen zu wollen, zeugt von komplettem Realitätsverlust. Nach einem Katastrophen-Sommer, in dem Europa von beispiellosen Hitzewellen, Waldbränden und Überflutungen heimgesucht wurde, nach dem heißesten Jahrzehnt der Messgeschichte (2) und massiven Einsatzwellen des Katastrophenschutzes in Österreich muss allen klar sein, dass unser Haus in Flammen steht. Fossile Megaprojekte wie die A26 gießen Benzin ins Feuer und blockieren dringend notwendige Löscharbeiten.“ meint Paul Brandstetter von XR.

Die Protestierenden fordern, dass derart hohe Summen von Steuergeld dringend in sozial gerechten Klimaschutz, in das Gesundheitswesen, die Bildung und den Erhalt der Ökosysteme fließen, anstatt die Profite der Fossilindustrie zu steigern. Denn Investitionen in noch mehr privaten Autoverkehr seien nachweislich ein wesentlicher Grund für klimabedingte Katastrophen, welche die Stabilität und den sozialen Frieden in Österreich gefährden. Bis Mitte des Jahrhunderts droht Menschen in Österreich durch die Klimaerwärmung ein Einkommensverlust von 12%. (3)

Ganz konkret wird es die Linzer:innen ebenfalls erwischen. Denn das umstrittene Bauvorhaben wird in den nächsten acht Jahren Verkehrsbehinderungen und massiven Lärm für die Anwohner:innen im Bahnhofsviertel sowie entlang der Waldeggstraße mit sich bringen. Nach der Inbetriebnahme wird zudem die Schadstoffbelastung steigen, bedingt durch fast doppelt so viele Autofahrten pro Tag wie bislang. „Trotzdem halten Stadt-, Landes- und Bundesregierung sowie Asfinag am Bau der A26 fest. Diese Autobahn wird für steigende Emissionen, zusätzliche Versiegelung und Vernichtung von kostbaren Ökosystemen sorgen. Wissenschaftler:innen der TU Wien (4) haben bestätigt: Wer mehr Straßen baut, wird noch mehr Verkehr und Schadstoffe ernten“, stellt DI Dr. Mirko Javurek von Scientists for Future OÖ klar.

Österreich hat seine Treibhaugas-Emissionen seit 1990 nicht reduziert und ist damit Schlusslicht in der EU. Hauptursache dafür ist der ständig wachsende Autoverkehr. Die Emissionen dieses Sektors sind in Oberösterreich seit 1990 sogar um nicht weniger als 81% angewachsen (5). Expert:innen haben ausgerechnet, dass allein in Linz 150.000 Autofahrten pro Tag weniger stattfinden müssen, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen (4) (6).

„Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vor einer Woche festgestellt, dass Klimaschutz ein Menschenrecht ist (7). Österreich hat nicht einmal ein geltendes Klimaschutzgesetz, und es hat bisher noch nicht einmal der EU einen Plan vorgelegt, wie es die EU-Klimaschutzziele einhalten will. Dagegen werden weiter Straßen ausgebaut und Böden versiegelt“, erklärte Niklas Niskate von Extinction Rebellion Österreich.

Internationale Abkommen und geltendes nationales Recht verpflichten Österreich, seine Emissionen deutlich abzubauen. Gegen dieses Recht verstoßen Bundes- und Landesregierung seit Jahren – vor allem, weil sie keine wirksamen Maßnahmen gegen die steigenden Verkehrsemissionen beschließen. Der Rechnungshof hat das bereits 2021 eindeutig festgestellt (8).

——————————

Quellen & Einzelnachweise:
(1) Kosten für Linzer Westring explodieren
https://www.tips.at/nachrichten/linz/wirtschaft-politik/608839-kosten-fuer-linzer-westring-explodier
n

(2) Heißeste Dekade der Messgeschichte: https://www.tagesspiegel.de/politik/es-ist-zu-warm-auf-der-erde–und-das-seit-zehn-jahren-6604327.html

(3) Einkommensverlust: https://science.orf.at/stories/3224629/

(4) Studie der TU-Wien – Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/projekte/verkehrsplanung/strassen/pdf/tu-auswirkungen-lobaua
tobahn.pdf

(5) CO2-Ausstoß des Verkehrs seit 1990 sehr stark gestiegen
https://vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/vcoe-in-allen-bundeslaendern-ist-co2-ausstoss-des-v
rkehrs-seit-1990-sehr-stark-gestiegen

(6) Zusätzliche Fahrten durch Bau, Kosten und Auswirkungender A-26
https://www.asfinag.at/bauen-erhalten/bauprojekte/a-26-linzer-autobahn-knoten-linz-hummelhof-a-
7-anschlussstelle-donau-nord/
https://www.volksbefragung-a26.at

(7) European Court of Human Rights. Judgment Verein KlimaSeniorinnen Schweiz and Others v. Switzerland—Violations of the Convention for failing to implement sufficient measures to combat climate change. https://hudoc.echr.coe.int/app/conversion/pdf/?library=ECHR&id=003-7919428-11026177&filename=Judgment%20Verein%20KlimaSeniorinnen%20Schweiz%20and%20Others%20v.%20Switzerland%20-%20Violations%20of%20the%20Convention%20for%20failing%20to%20implement%20sufficient%20measures%20to%20combat%20climate%20change.pdf

(8) Rechnungshofbericht zur österreichischen Klimapolitik und den Verkehrsemissionen:
https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Bund_2021_16_Klimaschutz_in_Oesterreich.pdf

Letzte Generation beendet Proteste in Österreich – wir machen weiter

Letzte Generation beendet Proteste in Österreich – wir machen weiter

Statement von Extinction Rebellion Österreich zum Ende der Proteste der Letzten Generation

Die Letzte Generation Österreich hat heute das Ende ihre Proteste verkündet. Wir waren und sind solidarisch mit den Menschen der Letzten Generation, verstehen den konsequenten Schritt, den sie gegangen sind und danken den Menschen, die unter schwierigen Bedingungen große Opfer gebracht haben, um die Menschen vor der Klimakatastrophe zu schützen. Wir fühlen die Frustration der letzten Generation gegenüber einer ignoranten und gemeingefährlichen Politik und die Traurigkeit über die Apathie in großen Teilen der Gesellschaft.

Extinction Rebellion wird weitermachen, auch mit Protesten gewaltfreien zivilen Ungehorsams in vielfältigen Aktionsformaten. Wir werden den Protest weiterhin zu Entschiedungsträger:innen und Verursacher:innen der eskalierenden Klimakrise tragen.

Auf die Frage, ob wir nun die Aktivist:innen der Letzten Generation aufnehmen werden, antworten wir: Ob das eine Option ist, liegt zunächst ja bei den Menschen der Letzten Generation. Wir werden sicher viele Gespräche führen und sind offen für neue Verbindungen und Ideen. Wir sehen uns grundsätzlich als Teil einer gemeinsamen Klimabewegung, die verschiedene Ansätzen hat, aber das Gleiche will. Wo wir kooperieren können, werden wir kooperieren.

Weitere Artikel

Kein Anlass für Optimismus – Die CoP28 hat begonnen

Der Artikel beleuchtet kritisch die COP28 und die Rolle der Fossilindustrie in der Klimakrise. Er fordert eine radikale Transformation und beleuchtet Österreichs Rolle in diesem globalen Szenario.

Pressekonferenz zum Thema: Verbindlicher Bürger*innenrat “Österreichs Weg zu Netto-Null Treibhausgasemissionen“ am 23.09.2020 in Wien

Der jahrzehntelange Stillstand beim umfassenden Ausstieg aus fossiler Energie und die zunehmende Dringlichkeit der Lage zeigen, dass wir eine andere Strategie brauchen, um die notwendigen Schritte zur Klimaneutralität zu gehen. Die entschiedenen Schritte des “Convention Citoyenne pour le Climat” in Frankreich und deren umgehende Umsetzung hingegen zeigen den Weg: Verbindliche Bürger*innenräte. In einem österreichischen Klima-Bürger*innenrat werden die gelosten Bürger*innen umfassend ausreichend informiert, entscheiden sich dann für ein Klimaziel und erarbeiten klare Massnahmen, wie dieses Ziel umgesetzt werden kann. Mit einer klar definierten Verbindlichkeit kommen die Maßnahmen umgehend in die Umsetzung.

Eine Bankrotterklärung der österreichischen Klimapolitik

Das Szenario "mit bestehenden MaSSnahmen" (With Existing Measures, WEM) zeigt einen Rückgang um 30% von 1990 bis 2050, d. h. von 77,0 Mio. t CO2-Äquivalenten im Jahr 1990 auf 55,1 Mio. t CO2-Äquivalenten im Jahr 2050. (GHG Projections and Assessment of Policies in Austria 2023 (Draft), 2023, p. 7, dt. Übersetzung) Das Bundesumweltamt stellt in...

Schubumkehr, nicht Kurskorrektur! – Warum wir die Stadtstrasse mit zivilem Ungehorsam verhindern müssen

Österreich hat seine selbstgesetzten und gesetzlich vorgeschriebenen Klimazielen bisher in jedem Jahr drastisch verfehlt. Und mit diesen Klimazielen sind Österreich und die EU noch weit von einem 1,5°-Pfad entfernt. Die Hauptursache für die hohen Emissionen Österreichs ist der Verkehr, und hier der individuelle Autoverkehr. Jede Wienerin und...

Präsident Biden’s Klimagipfel und die US-Klimapolitik

Die Klimapolitik der neuen Regierung ist eine radikale Abkehr von der Linie unter dem Klimaleugner Trump. Die meisten Beobachter*innen stimmen darin überein, dass sie sie für ernstgemeint halten. Es ist ebenfalls deutlich, dass die Maßnahmen der Biden-Administration bei weitem nicht ausreichen, das 1,5°-Ziel zu erreichen, und dass ihre...

Die COP28 ist gescheitert – und Österreich war daran beteiligt

Die Ergebnisse der COP28 haben alle enttäuscht, die für ein Ende der globalen Erhitzung kämpfen. Wie die meisten Klima-COPs der vergangenen 30 Jahre war die Konferenz ein Fehlschlag. Kleine Fortschritte bei Nebenthemen lenken davon ab, dass in den kommenden Jahren noch mehr Kohle, Öl und Gas gefördert und verbrannt werden dürfen. Es gibt keine...

Kontrollverlust: Der Sturm BORis und das Versagen der Politik

Die Klimakatastrophe kommt nicht, sie ist da. Wir erleben sie in unserem Land. Es gibt kein Zurück in die Zeit davor. Aber die Politik kann sich ihr stellen und alles dafür unternehmen, dass sie nicht noch schlimmer wird. Dazu müssen Politik und Medien damit aufhören, die Katastrophe zu verniedlichen. Das ist der Kern der ersten Forderung von...

Hungerstreik am Heldenplatz: Unterstützt Martha und Howey Ou!

In Lausanne haben Howey Ou und weitere AktivistInnen am 21.5. einen internationalen. Hungerstreik gegen Ökozide begonnen. Unsere Aktivistin Martha hat sich diesem Streik am 31.5. angeschlossen. Auch hier geht die Naturzerstörung ungebremst weiter. Die Stadt Wien will mit dem Lobau-Tunnel den Ausbau des fossilen Verkehrs weiter vorantreiben und...

Der Bericht des Klimarats der Bürgerinnen und Bürger aus der Sicht von XR Austria

Gestern hat der Klimarat der Bürgerinnen und Bürger der Bundesregierung seine Empfehlungen übergeben. Sie wurden in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Empfehlungen sind in einem Bericht (PDF) enthalten, der auch ausführlich über die Arbeit des Klimarats informiert. Wir haben bei Extinction Rebellion Österreich in der Gruppe...

Brennpunkt der Realitätsverweigerung in der Klimapolitik – XR-Newsroom zur COP 26 am 6.11.2021

Am 6.11. fand der erste XR Newsroom zur COP26 in Glasgow statt. In der Ankündigung des Events haben wir geschrieben, dass die Konferenz wahrscheinlich als Fiasko enden wird. Der bisherige Verlauf bestätigt diese Befürchtung. Die Mächtigen der Welt verspielen eine der letzten Chancen, eine planetare Katastrophe zu verbinden. Wir dokumentieren hier...